Erste Anzucht Islandmohn und Levkojen
Es ist Mitte Januar und die erste Aussaat beginnt für mich! Eigentlich bin ich ja mittlerweile ein Fan von später Aussaat, Geduld und möglichst wenig unnatürliche Anzucht. Aber für zwei Sorten mache ich eine Ausnahme, weil ich sie zu sehr liebe:
Islandmohn und Levkojen haben eine lange Vegetationsperiode, also es dauert sehr lange von der Aussaat bis zur Blüte, ca. vier Monate. Sie gehören zu den Coolflowers und mögen es, wie der Name schon sagt, eher kühl. Auch bei der Blüte. Deswegen ist es problematisch, sie erst im März auszusäen, denn dann blühen sie Mitten im Hochsommer, was ihnen nicht gefällt. Sie blühen dann deutlich schwächer.
Nun wäre es eigentlich perfekt, Levkojen und Islandmohn im Herbst auszusäen. Da sie allerdings nur sehr leichte Fröste abkönnen, geht das nur im Gewächshaus, am besten mit Frostwächter. Ich habe beide mal im Herbst ausgesät, mit Laub und Vlies geschützt, es hat nicht gereicht. Sie kümmerten vor sich hin und wollten im Frühling nicht richtig weiter wachsen.
Deswegen säe ich sie jetzt im Januar aus. Das funktioniert allerdings nur mit künstlichem Licht. Die Tage sind noch zu kurz, um ausreichend hell für das Wachstum zu sein. Früher habe ich sehr viel mit künstlichem Licht gearbeitet. Ich hatte ein ganzes Regal voll diverser Boxen mit Lampen darüber. Im Zuge des Nachhaltigkeitsgedankens und auch meiner Hinwendung zum Rhythmus der Natur beschränke ich mich schon länger nur noch auf eine Box, um so nicht auf Islandmohn und Levkojen verzichten zu müssen.
Übrigens fallen Löwenmäulchen auch in diese Kategorie: sehr lange Kultivierung, Coolflower, die aber Schutz braucht. Doch Löwenmäulchen können im Vergleich dazu viel besser mit hohen Temperaturen im Sommer umgehen. Deswegen säe ich sie jetzt einfach immer später aus.
Die Aussaat mit der Erballenpresse
Im Herbst säe ich meine Coolflowers direkt ins Hochbeet, wo sie den Winter über recht geschützt weiter wachsen können. Die große Aussaat ab März mache ich mit Saatschalen und pikiere später, hier erkläre ich die Gründe. Doch Mohn mag es generell wirklich nicht, pikiert zu werden, also mit seinen Wurzeln aus der Erde gelöst und umgepflanzt zu werden. Seine Wurzeln sind sehr empfindlich, das weiß ich aus Erfahrung. Er kränkelt sonst wirklich vor sich hin.
Da ist die Erdballenpresse die perfekte Lösung! Die Ballen sind groß genug, so dass die Blumen bis zum Auspflanzen im April in ihnen weiter wachsen können. Die Wurzeln werden trainiert, sich kräftig durch den ganzen Ballen zu verzweigen. Wurzeln mögen nämlich keine Luft, sobald sie welche berühren, ziehen sie sich in die Erde zurück. In Anzuchttöpfen führt es hingegen dazu, wenn Blumen lange darin weiter wachsen, dass sich unten, am Boden, lange Wurzeln kringeln. Das mögen die Pflanzen gar nicht, denn dort bekommen sie keine wichtigen Nährstoffe.
Levkojen gehören zu den Blumen, die auch sehr empflindlich auf “roodbound” reagieren, also wenn sie die Wurzeln unten im Plastiktopf bei langer Anzucht kringeln. Deswegen gehören beide für mich in die Erdballenpresse.
Das Auspflanzen ist mit den Ballen super für Islandmohn und Levkojen, sie werden nämlich überhaupt nicht gestört in ihrem Wurzelwachstum, sondern einfach so mit dem gesammten Ballen in die Erde gesetzt.
Als Substrat nehme ich mittlerweile das Gleiche wie für all meine Anzucht das ganze Jahr hindurch. Es ist ein Profi-Substrat von Floragard, besonders fein. Ich bekomme es von einer Gärtnerei, bei der ich mal freundlich angefragt habe. Zum Verkauf gibt es das nämlich nur für Gewerbetreibende.
Sorten
Meine Levkojen habe ich von zwei unterschiedlichen Internetshops: Plants of Distinction und Chiltern Seeds. Wegen des Brexits wird aktuell nicht nach Deutschland geliefert, aber ich hoffe, das ändert sich bald wieder! Ich habe mich für die Sorten “Appleblossom”, “Lavender”, “Purple”, “Rainbow” (mein Favorit) und “White” entschieden.
Levkojen Purple, Apricot, Lavender, Rainbow, Yellow
Beim Islandmohn (Papaver nudicaule) ist das so eine Sache. Es gibt drei verschiedene Sorten. Einmal den “normalen”, den man in fast jedem Baumarkt kaufen kann, z.B. von Kiepenkerl. Der hat recht kleine Blüten und verliert diese auch sehr schnell. Die Farben sind überwiegend gelb, orange und rot (zumindest bei meiner Aussaat, die Packung verspricht auch Hellrosa).
Dann gibt es eine Sorte, die heißt “Champagern Bubbles” und wie der Name schon sagt, ist hier schon mehr zu holen. Die Stiele sind deutlich dicker, die Blüten größer und es sind im Farbmix auch Pastelltöne dabei. Sie halten ca. drei Tage in der Vase und sehen sehr schön aus.
Der große Star ist allerdings die Sorte “Colibri” und das zu recht. Wenn ihr diese großen, Seidenartigen Mohnblüten im Blumenladen findet, ist es ziemlich sicher die Sorte “Colibri”. Er hat handtellergroße Blüten und hält fünf Tage in der Vase. Ich habe ihn direkt bei Biancheri in Italien gekauft. Es gibt ihn auch bei Floret, die versendet aber gerade nicht nach Deutschland… und bei Etsy habe ich ihn gefunden, dort ist der Preis jedoch wirklich hoch…
Islandmohn “Colibri”
Pflege
Wenn du deine Samen ausgesät und natürlich mit den Sortennamen beschriftet hast, geht es an die Pflege. Es muss zum einen warm sein, das heißt deine Box sollte in einem Raum stehen, in dem es ca. 20 Grad hat. Zum anderen, und das ist wirklich sehr wichtig, musst du die Samen ab jetzt immer konsequent feucht halten! Nicht nass, sonst schimmelt deine Erde, aber die Samen dürfen nun nicht mehr austrocknen, sonst sind sie kaputt – das ist leider wirklich so. Also lege einen Deckel auf deine Box, lüfte regelmäßig und sprühe immer mal mit Wasser, wenn die Oberfläche trocken wird.
Sobald die Samen gekeimt sind, stelle ich die Box tagsüber raus und nach Sonnenuntergang rein. Dann schaltet sich automatisch das Licht für weitere fünf Stunden an. Blumen wachsen gut bei mindestens 12 Stunden Licht. Draußen sind es gerade acht. Das Licht reduziere ich, wenn die Tage länger werden. Ab März braucht es kein Licht mehr.
Schön, nun wieder kleine Mitbewohner in der Küche zu haben, nach ihnen zu schauen, sie zu hegen und zu pflegen und sich zu freuen, wenn sie keimen und wachsen. Los gehts, das Blumenjahr 2022 kann beginnen!
9 Kommentare
Andrea Pesch
16. Januar 2022 at 18:17Danke, liebe Katharina, wieder sehr lehrreich Dein neuer Artikel.
Liebe Grüße Andrea
Julia
16. Januar 2022 at 19:39Liebe Katharina,
Herzlichen Dank für den tollen Artikel!
Ich habe auch schon levkojen und Mohn gesät, allerdings nicht in erdballen, weil die levkojen ja noch aussortiert werden.. Wie machst du das? Und wie funktioniert denn eine Bestellung bei Biancheri, wie sind die Mengen? Hätte soo gerne Colibri, die sind echt toll 😍
Lieben Dank für all dein Wissen!
Katharina | Aus dem Garten
17. Januar 2022 at 14:27Liebe Julia,
ich sortiere nicht aus… Mir fällt es tatsächlich immer noch schwer, die gefüllten auch wirklich zu erkennen und deswegen lasse ich die ungefüllten mit wachsen. Ich habe ja mehrere Samen in einem Ballen und wenn die Zeichen ganz deutlich sind, ziehe ich die ungefüllten später einfach raus. Bei Biancheri habe ich eine Mail geschrieben und habe dann bestellt. Dass ist allerdings bestimmt schon drei oder vier Jahre her. ich habe nur gleich so große Mengen bestellt, dass ich für dieses Jahr auch noch genug Samen hatte 🙂
Eva
17. Januar 2022 at 6:45Bisher hatte ich nur Kunstlicht verwendet. Aber Tageslicht mit Kunstlicht zu kombinieren ist ja viel besser. Ab welchen Temperaturen kann man denn die Sämlinge rausstellen? LG Eva
Katharina | Aus dem Garten
17. Januar 2022 at 14:28Liebe Eva,
solange es über Null grad hat. Ich mache dann auch den Deckel drauf. Außer sie stehen in der prallen Sonne, dann wird es ihnen oft zu heiß. LIebe Grüße!
Dominik
17. Januar 2022 at 7:44Hallo, als erstes einmal; grosses Lob zur gelungenen Gestaltung der Website, sieht wunderschön aus.
Die Frage von Eva interessiert mich auch sehr! Normalerweise sollte die Temp. in der Anzucht von solchen Sommerblumen doch nicht unter 6-12 Grad Celsius sein, je nach Art. Ist es bei dir im Februar schon so warm draussen? Welche Mindesttemp. gibst du persönlich an? LG Dominik
Katharina | Aus dem Garten
17. Januar 2022 at 14:30Hallo Dominik,
Vielen Dank! Islandmohn und Levkojen sind keine Sommerblumen. Sie sind Kaltkeimer bzw. Coolflowers und können kühle Temperaturen nicht nur ab, sie mögen sie sogar besonders gern. Bei Null grad hole ich sie rein.
Liebe Grüße,
Katharina
Andrea
17. Januar 2022 at 20:22Liebe Katharina, danke für den tollen Artikel! Du hast bei mir gerade auch das Blumenjahr 2022 eingeläutet! Ich freue mich immer, von dir zu lesen. Winterliche Grüsse, Andrea
Katharina | Aus dem Garten
4. Februar 2022 at 16:27Liebe Andrea,
vielen Dank für deine Worte, das freut mich sehr! Dann auf ins Gartenjahr 🙂