Maja lernte ich über den Workshop von Floret Flowers im Winter 2017 kennen. Sie war eine der ersten deutschsprachigen Flowerfarmerinnen, die ich entdeckte und seit dem tauschen wir uns regelmäßig aus, bestellen gemeinsam Saatgut und schicken uns eigene Blumensamen. Maja lebt in der Nähe von Zürich, hat sich auf Hochzeiten spezialisiert und beliefert wöchentlich verschiedenen AbonnentInnen mit “Blumenabos”, also regelmäßigen frischen Sträußen aus ihrem Blumengarten. Ich freue mich ganz doll, dass Maja die Zeit gefunden hat, mir meine Fragen zu beantworten, denn ganz bald wird sich ihre Leben ziemlich verändern 🙂

Liebe Maja, Anfang 2017 hast du dich entschlossen, Schnittblumen selbst anzubauen und zu verkaufen. Wie kamst du auf die Idee?
Ich arbeitete zu diesem Zeitpunkt bei der Polizei im Streifendienst und hatte ganz stark das Gefühl, etwas in meinem Leben zu brauchen, das diese „harte“ Alltagswelt ein bisschen ausgleicht. So bin ich auf Erin Benzakein und das Flower Farming gestoßen. Eine Flowerfarmerin zu sein ist größtenteils auch harte Arbeit, aber im Einklang mit der Natur zu arbeiten, gibt mir ein Gefühl von tiefster Zufriedenheit. Das ist fast wie Meditation.
Wo baust du deine Blumen an, wie groß ist deine Fläche und wie ist das Klima dort?
Angefangen habe ich mit ungefähr 20 m2 auf dem Grundstück meiner Tante ein bisschen außerhalb von Zürich. Mittlerweile habe ich in Zürich selbst noch einen zweiten Garten mit ca. 80 m2 Anbaufläche. Bei uns sind die vier Jahreszeiten recht stark ausgeprägt. Im Winter herrschen ab und zu Minusgrade, während die Temperaturen im Sommer auch mal auf über 30 Grad steigen können. Da ich keine Folien-Tunnel benutze, gibt es bei mir Frühlingsblumen erst ab ca. April und Sommerblumen erst ab Mitte Juni.
Wie waren deine Anfänge und was hat sich seitdem verändert?
Anfangs habe ich die Blumen vor allem für mich selbst und meine Freunde genutzt. Mittlerweile habe ich regelmäßige Bestellungen für wöchentliche Sträusse, eine Bar, die ich jeweils mit frischen Blumen ausstatte und Hochzeiten, für die ich mit saisonalen Blumen designe.
Was macht dir am meisten Spaß bei deiner Arbeit?
Ganz klar die Arbeit im Garten – auch wenn es teilweise sehr anstrengend ist, fühlt man sich danach immer irgendwie „geerdet“. Mit dem Anbau meiner saisonalen Blumen habe ich das Gefühl, etwas Sinnvolles für die Natur und für meine Mitmenschen zu schaffen. Am allerschönsten sind natürlich jeweils die Momente, in denen man ernten kann, was man gesät hat und jemandem mit den Blumen eine Freude machen kann.

Was ist das Wichtigste, das du bisher auf deinem Weg als Flowerfarmerin gelernt hast?
Das Wichtigste (und auch das Entspannendste) ist es, sich der Natur und ihren Jahreszeiten ganz hinzugeben. Mutter Natur weiß am besten, was sie braucht und sie weiß auch, wann es Zeit ist für die einen oder anderen (Garten-) Aufgaben oder wann es für welche Blume Zeit ist, zu blühen. Die Arbeit mit den Blumen hat mich so viel über mich selbst gelehrt: Wie ich leben möchte, wie ich zur Ruhe komme und vor allem auch, was ich auf dieser Welt hinterlassen möchte.
Besonders wichtig ist es dir, die Artenvielfalt zu schützen und Futter sowie einen geschützten Raum für Bienen zu bieten. Warum ist dir das Thema so wichtig und wie hat es dein Handeln verändert?
Jede Sekunde verliert die Schweiz fast 0.7 m2 Grünfläche. Insekten sterben, die Vögel werden immer weniger und viele Pflanzen- sowie Tierarten sind bedroht, weil wir Menschen immer mehr Platz brauchen für Wohnraum oder intensive Landwirtschaft. Mit meinen Gärten möchte ich ein Biotop für jegliche Tierarten schaffen, die sich darin wohlfühlen. Daher pflanze ich nebst einjährigen Blumen auch bewußt unterschiedliche einheimische Pflanzen und schaffe Nistplätze und Verstecke für alles was krabbelt und kriecht. Momentan wohnt unter dem alten Gartenhaus eine Fuchsmutter mit ihren vier Jungen. Wahrscheinlich werden sie mir die eine oder andere Pflanze ausgraben und sie verunreinigen den Garten. Aber, und das ist ja gerade das Tolle daran: Mit der Natur zu leben, heißt auch, solche Gäste willkommen zu heißen und ihnen Respekt zu zollen.
Dein Fokus liegt auf Blumen-Abos und Hochzeiten. Was reizt dich an diesen beiden Bereichen?
Diese beiden Bereiche sind nach und nach entstanden. Zum einen liebe ich es, möglichst vielen Menschen eine Freude mit saisonalen Blumen zu machen und zum anderen gibt es nichts Schöneres, als florale Werke aus saisonalen Blumen zu gestalten. Meine Blumen sind das perfekte Kommunikationsmittel, wenn man sich für eine umweltbewusste Lebensweise einsetzen möchte und wenn man sich über unseren Umgang mit der Natur Gedanken machen will.
Hast du das Gefühl, dass Wissen über regional angebaute Schnittblumen und die Nachfrage danach nehmen zu?
Das allgemeine Bewusstsein für Umweltthemen hat sicherlich zugenommen, das wird ja auch überall groß in den Medien diskutiert. Dass dies auch unseren Blumenkonsum betrifft, ist den Menschen weniger bewusst. Die Schweiz hinkt immer ein bisschen hinterher – schaue ich nach Deutschland, sieht es ja bei euch bereits nach Aufbruch aus. Ich hoffe also, dass dies hier auch bald der Fall sein wird. Bestes Beispiel sind aber nach wie vor die USA: Dort ist die Slow Flower-Bewegung bereits in allen Landesteilen angekommen.
Welchen Rat würdest du jemandem geben, der auch Schnittblumen anbauen möchte?
Starte mit wenig und vor allem: Starte einfach! Pflanze ein paar Zinnien- oder Kosmeensamen an einer sonnigen Stelle in deinem Garten und schaue, was passiert. Vieles habe ich mir durch Lesen oder durch den Workshop von Floret beigebracht, aber das meiste ist schlicht und einfach Learning by Doing. Fehler machen ist erlaubt, Pflanzen sind stärker als man denkt. Und nicht vergessen: Mother Nature knows best.
Du bekommst bald ein Baby – herzlichen Glückwunsch! Wie wird sich dein Leben als Flowerfarmerin verändern?
Das ist eine gute Frage! Ich habe mir keine fixen Ziele gesetzt und probiere auch hier, mit der Natur zu leben – also die Dinge so anzunehmen wie sie sind und dann damit zu arbeiten. Wie und in welcher Intensität ich die Gärten bewirtschaften kann, sehe ich diesen Sommer. Ich werde aber sicher nicht damit aufhören. Vor drei Jahren hätte mich eine solche Situation noch gestresst, also nicht zu wissen, was kommt. Mittlerweile weiss ich, es gibt immer einen Weg, eine Lösung, einen rettenden Gedanken – und zwar immer genau dann, wenn es ins Leben passt.
Wo siehst du dich in fünf Jahren und was sind deine Träume?
In fünf Jahren sehe ich mich an zwei Tagen in der Woche in meinem Atelier mit Verkaufsfläche in Zürich und die restliche Zeit in den Gärten. Ein großes und vor allem konkretes Ziel, wenn man bedenkt, dass ich momentan noch nicht von Fleuraissance leben kann und daneben 70 % im Büro arbeite. Aber große Ziele sind bekanntlich wichtig, auch wenn es dann schlussendlich ganz anders kommt, als man gedacht hat. Träumen tue ich davon, dass auch in der Schweiz eine neue Floristen-Bewegung rund um Slow Flowers entstehen kann, eine Community die jede(n) einzelne(n) inspiriert und unterstützt – denn der Kuchen ist groß genug für alle!

3 Kommentare
Monika Nüßle
31. August 2019 at 21:53Hallo Katharina, ich bin erst vor kurzem auf das Thema Flowerfarming gestossen und hätte 100 Fragen zum Thema Schnittblumenanbau… ich hätte eine Frage zu dem Workshop bei Floret Flowers. Mir ist als “NichtPC-Mensch” nicht so ganz klar, wie so ein Online Workshop funktioniert. Wie muss man sich das vorstellen? Vielen Dank schon mal im Voraus und viele Grüße,
Moni
Katharina
2. September 2019 at 16:32Liebe Moni,
wie schön, dass du dich für das Thema begeisterst! Du kannst mir gerne auch deine 100 Fragen schicken 😉
Zunächst aber mal zum Workshop: das ist eine Online Plattform, quasi eine Webseite, die frei geschaltet wird, sobald zu dir einen Platz kaufst. Dann bekommst du ein Passwort, sowie per Post auch ein dickes Buch, in dem viele Infos rund um das Thema stehen. Auf der Webseite hast du dann Zugang zu den Videos. Es sind sehr viele, in verschiedenen Kategorien, je ca. 10 Minuten lang. Dort zeigt Erin wie sie plant, sät, pflegt, pflanzt, schneidet, bindet, verkauft etc pp. Ich glaube auf ihrer Webseite gibt es auch ein Demo-Video, vielleicht kannst du dir das mal anschauen. Man ist also nicht in direktem Kontakt mit Erin. Es gibt jedoch die Möglichkeit per Mail fragen zu stellen, die dann in einem wöchentlichen längerem Video beantwortet werden.
Ich habe viel gelernt im Workshop und finde vor allem die Möglichkeit toll, lebenslang auf alle Infos Zugriff zu haben.
Liebe Grüße,
Katharina
monika nüßle
15. September 2019 at 14:19Hallo Katharina, vielen vielen Dank für Deine Info! Mittlerweile kann ich in der FB Gruppe mitlesen und Du hast Dich sicher schon gewundert, wieso ich das dort nochmal fragte. Wir sind grad mitten in der Ernte und ich hab hier gar nicht mehr nachgeschaut. Vielen Dank nochmal!
Grüße vom bodensee,
Moni