Doris wollte schon als kleines Mädchen alle Blumen am Wegesrand benennen können, hat mit großer Leidenschaft kleine Blumenhaarkränze gebunden und den Nachbarn bunte Sträuße geschenkt. Nach der Schule studierte sie Landschaftsplanung und -architektur in Wien und arbeitete in Landschaftsplanungsbüros. 2013 mit der Geburt des ersten Kindes zog es sie und ihren Mann zurück in die Heimat – nach Steyr, auf den Bauernhof der Familie. Dort hat Doris viel Platz für ihre Träume und verwandelt den Hof Stück für in Stück in ein großes Blumenparadies.
Nun ist Doris auch Teil der Slowflower-Bewegung und ich freue mich, sie in diesem Interview noch besser kennen lernen zu dürfen!
Liebe Doris, kannst du kurz erzählen warum du die “Hofblüte” gegründet hast und was du genau machst?
Wir leben auf einem kleinen Bauernhof in Oberösterreich, der lange im Nebenerwerb geführt wurde. Wir wollten die Landwirtschaft gern in irgendeiner Weise fortführen, erhalten. Wir suchten nach einem Konzept, das zu uns passt. Für mich war immer klar: es muss eine Nische sein, ich hab mich nie als typische Landwirtin gesehen. Meinen Interessen und der Ausbildung entsprechend ist Zierpflanzenbau naheliegend. Blumen und Kräuter begeisterten mich immer schon …
Gelernt habe ich das aber nicht. Ich bin weder Gärtnerin, noch Floristin. Habe mir alles selbst beigebracht und dementsprechend auch am Feld einiges an Lehrgeld zahlen müssen.
Auf unsrem Bauernhof wachsen schon seit Generationen viele Blumen – die Großmutter meines Mannes hatte einen klassischen Bauerngarten mit viel Gemüse und traditionellen Blumen und verbrachte viel Zeit dort – fast bis zu ihrem 100er täglich. Auf diesem Blumenschatz habe ich aufgebaut und ihn über die Jahre erweitert.
Seit 2018 baue ich Schnittblumen an, um sie selbst zu verarbeiten und zu verkaufen. Als Farmerflorist entstehen bei mir die Werkstücke vom Samenkorn bis zum fertigen Werkstück. Ich fertige Sträuße, Kränze und andere Werkstücke auf Bestellung, gestalte Hochzeiten und Feste, biete Blumenabos an und veranstalte Workshops, in denen Blumenbegeisterte frisch vom Feld ihre eigenen Werkstücke gestalten können.

Wie kamst du auf die Blumen nicht mehr nur für dich und deine Familie anzubauen, sondern diese auch zu verkaufen?
Als ich in unseren großen Garten reingewachsen bin, erkannte ich, wie gerne ich mit den Blumen arbeite. Aber ich fand es immer schade, die schönen Blumen im Beet zu schneiden – dort sind sie ja auch so schön! Darum träumte ich schon lange von einem kleinen Blumenfeld, aber das war eher ein Wunschgedanke, als eine konkrete Idee.
Und dann stolperte ich im Herbst 2017 über einen Artikel über Margit de Colle von „vom Hügel“ aus der Steiermark. Und ich dachte mir: Wenn die Margit Bio Blumen in der Steiermark anbauen und verkaufen kann, dann kann ich das in Oberösterreich auch. Und das war für mich der Auslöser für meine „Blumeng´schicht´“. Ich recherchierte, diskutierte und überlegte und beschloss, 2018 ein Probejahr zu machen. Ich baute im alten Bauerngarten Schnittblumen an und verkaufte meine ersten Sträuße. 2019 legte ich ein kleines Blumenfeld an und startete mit „Hofblüte“. Ich mache das gemeinsam mit meiner Familie, meine Mutter und Schwiegermutter helfen mir dabei sehr.
Wo baust du deine Blumen an, wie groß ist deine Fläche und wie ist das Klima dort?
Auf einem kleinen Blumenfeld (ca 400 m²) bauen wir einjährige Schnittblumen an, ein paar Stauden und Sträucher wachsen auch dort. Aber die Fläche, von der wir ernten ist viel größer. Im Gemüsegarten und rund ums Haus wachsen Stauden, Sträucher, Bäume, Wiesenblumen. Es ist immer wieder faszinierend, welche Schätze ich übers Jahr rund ums Haus finde.
Wir sind im Alpenvorland zuhause, wo wir in der Klimahärtezone 7a liegen und einen durchschnittlichen Jahresniederschlag von bis zu 1000 mm haben. Ich kann einige nicht ganz winterharte Stauden manchmal gut über den Winter bringen, aber es gelingt nicht immer, vor allem wenn der Winter sehr nass ist.
Wir spüren die Klimaerwärmung ziemlich, unsere Region hatte in den letzten Jahren sehr starke Niederschlagsdefizite (außer 2020). Das hat sich schon auf unseren Grundwasserspiegel ausgewirkt. Unser Hausbrunnen ist ausgetrocknet und wir mussten ihn letztes Jahr neu graben lassen. Ich hoffe, die Tiefe reicht diesmal. Wenn es nicht zu extrem trocken ist, komme ich aber meist ohne oder mit nur punktueller Bewässerung aus.
Du bietest auch Workshops an. Was genau kann man bei dir lernen und was möchtest du den TeilnehmerInnen mitgeben?
Ich selbst bin jedes Mal überwältigt, welch kreatives Potential in den Workshopteilnehmerinnen liegt und wie vielfältig die Ergebnisse bei den Workshops sind. Die Atmosphäre bei unseren Workshops ist inspirierend und ich möchte den Teilnehmerinnen die Schaffensfreude mitgeben, die wir in der Gruppe spüren.
Wenn sie mit offen Augen durch die Natur gehen können sie dort so vielfältige Zutaten finden. Ich gebe ihnen Tippss,wie man aus Gartenblumen und Wildpflanzen herrliche, außergewöhnliche Sträuße und Kränze macht, worauf man bei Anbau und Ernte aufpassen muss und wie man die Blumen lange frisch hält. Eine der ersten Teilnehmerinnen sagte später zu mir, ich habe sie mit dem „Kranzerlvirus“ angesteckt (das war noch vor Corona… ui, das ist heutzutage nicht mehr positiv besetzt! Vielleicht muss man da Kranzerl-Begeisterung schreiben?), von ihr bekomme bis heute immer wieder Fotos von ihren Kränzen.
Es ist wirklich schön für mich, wenn die Teilnehmerinnen was Neues lernen aber vor allem, wenn sie von sich selbst überrascht sind, was sie schaffen. Wenn sie mit einem stolzen Lächeln und einem schönen Werkstück heim gehen, bin ich zufrieden.

Was macht dir am meisten Spaß bei deiner Arbeit?
Ich freue mich wie ein kleines Kind, wenn die ersten Sprösslinge aus der Erde kommen.
Ich werde ganz ungeduldig, wenn die Frühlingssonne die Erde erwärmt und ich endlich wieder im Garten werken kann.
Mein Herz hüpft, wenn sich die ersten Knospen öffnen.
Ich vergesse die Welt rund um mich, wenn ich im Blumenfeld stehe und ernte.
Ich versinke in das Tun, wenn ich meine schönsten Blumen zu einem Strauß oder Kranz verarbeite.
Aber das allerschönste für mich ist die Freude in den Augen meiner KundInnen, wenn sie ihre Blumen in den Händen halten. Dann hat sich für mich die viele harte Arbeit gelohnt. Genau das ist es, was mir am allermeisten Freude macht.
Und was mir nebenbei als Ökologin außerdem viel Freude bereitet: Seit ich Blumen anbaue haben wir einen enormen Anstieg an Artenvielfalt ums Haus. Nicht nur die Schwalben sind wieder zurückgekehrt, seit sie mit den letzten Nutztieren vom Hof verschwunden sind. Sondern auch Insekten- und Vogelarten, die ich die Jahre zuvor nie beobachten konnte, finden bei uns genug Nahrung und Lebensraum. Herrlich!
Was ist das Wichtigste, das du bisher auf deinem Weg als Flowerfarmerin gelernt hast?
Geduld. Ich bin so ein Mensch, der immer alles gleich haben und sofort machen will und das geht halt bei Pflanzen nicht. Die brauchen Zeit zum Wachsen und das ist gut so. Diese Zeit brauche ich als Flowerfarmerin auch, um mein Geschäft, meine Strategie, meine Ziele zu entwickeln. Diese Geduld habe ich nicht immer. Auch nicht die Zeit, um ständig zu reflektieren, wo ich stehe. Da bin ich über Anfragen wie deine richtig froh, weil mich das fordert, meine Situation zu überdenken.
Du hast drei kleine Kinder – wie schaffst du es deinen Alltag als Flowerfarmerin zu organiseren? Hast du vielleicht einen Tipp, wie man Familie und die Blumen gut unter einen Hut bekommt?
Haha! Wenn irgendwer den 28-Stunden-Tag erfinden würde, könnte ich es vielleicht unter einen Hut bringen!
Wir haben drei Kinder – 7, 5 und 1 1/2 Jahre alt. Mein Alltag ist bummvoll. Nicht selten steh ich im Sommer abends mit der Stirnlampe im Feld und ernte, wenn die Kinder schon schlafen. Mein Mann sagt immer, er mag den Winter mehr, weil im Sommer hat er mich so wenig, wenn ich abends so oft noch in Garten oder Werkstatt bin.
Das ist sicher keine Dauerlösung, aber jetzt brauchen mich die Kinder tagsüber noch viel. Besonders mit Corona-Lockdown und Homeschooling ist das Zeitmanagement schwierig. Da ist es gut, dass wir zwei Omas haben, die uns gerne unterstützen.
In unserem Garten finden sich an jeder Ecke Beerensträucher, Obstbäume, essbares. Nicht nur die Kinder, sondern auch ich gehe gerne dazu, um zu naschen. So ist die Zeit im Garten gleich viel kurzweiliger. Auch andere Spielmöglichkeiten – Sandkisten, Schaukeln, Kletterbäume – sind überall verteilt. Aber – ganz ehrlich – wenn es die Kinder nicht freut, dann geht gar nichts weiter im Garten oder in der Werkstatt. Und dann mach ich halt später oder morgen weiter.
Ergo: Mit Kindern brauche ich nicht doppelt, sondern eher dreimal länger. Also: lange Vorlaufzeiten einplanen und viiiiiel Geduld. Mein Grundsatz ist: Mein Blumenprojekt wächst langsam heran, entwickelt sich immer weiter, genau wie meine Kinder. Und das passt für mich.

Welchen Rat würdest du jemandem geben, der auch Schnittblumen anbauen möchte?
Ich habe ein paar Hinweise. Einen, der von Herzen kommt, ich möchte den Rat, den ich selbst bekommen habe weitergeben: Wenn du wirklich Schnittblumen anbauen willst dann „Tua es oanfoch!“ (tu es einfach!). Das kam von Margritte de Colle, als ich mit ihr über meine Idee sprach, auch Blumen anzubauen. Ich finde schon, dass es stimmt: Wenn man etwas wirklich gerne macht, dann wird es auch gut.
Das macht sehr euphorisch. Aber natürlich klappt nicht immer alles so, wie man es sich vorstellt. Manche Blumen gelingen mir einfach immer noch nicht (Craspedia globosa oder Molucella laevis), manche mag ich nicht oder ich kann sie gar nicht riechen (zb. Ammi visnaga). Und wenn mir was nicht gefällt, kann und will ich es nicht verkaufen. Darum ganz unromantisch: Beschränke dich auf das was du (schon) kannst und wo du dahinter stehen kannst. Dazulernen kannst du jedes Jahr immer noch.
Und wieder ein Rat einer Mutter mit chronischer Zeitnot: Wenn du Schnittblumen anbauen willst, dann schau auf eine gute Mischung aus Stauden, Sträuchern und Einjährigen. So hat man bald übers ganze Jahr eine Palette aus Zutaten und nicht allzuviel Arbeit. Und: auch wenn es verlockend ist – es müssen nicht alle Arten und Sorten sein, die gefallen. Weniger ist oft mehr. Ich selbst bin aber ein absoluter Sorten-Junkie, möchte am liebsten alles gleichzeitig ausprobieren und muss mich im Winter immer sehr an der Nase nehmen, nicht alle Saatgutshops leerzukaufen…
Und noch was fällt mir ein: Ich habe ein paar Blumen-Nerds gefunden, denen es ähnlich geht, die auch ungefähr da stehen wo ich bin. Mit denen tausche ich mich regelmäßig aus. Wir besprechen Fragen, die uns gerade beschäftigen, teilen Saatgut, entwickeln Ideen, geben uns Tipps. Das ist herrlich, tut gut, gibt Mut und zeigt mir, dass ich mit meinem Blumen-Traum nicht allein bin. So ein Netzwerk kann ich jedem empfehlen.
Wo siehst du dich in fünf Jahren und was sind deine Träume?
In fünf Jahren sehe ich mich auf meinem Blumenfeld, das nicht nur mein Traum, sondern auch meine Lebensgrundlage ist. Derzeit betreibe ich meinen Blumenhof mehr oder weniger als Karenzprojekt neben den Kindern und zwacke mir meine Zeit für die Blumen immer mit ein bisschen schlechtem Gewissen ab. Ich wünsche mir, dass sich das auszahlt. Ich weiß noch nicht genau, wo meine Reise hinführt, aber ich vertraue darauf, dass es irgendwie passt.
Ich hoffe, dass in fünf Jahren Slowflowers in aller Munde sind und die Menschen hinterfragen, woher die Blumen stammen. Dass immer mehr Menschen die Qualität, Vielfalt und Besonderheit von regionalen Blumen schätzen. Dass wir so einen Beitrag zur Artenvielfalt in der Natur, zum Klimaschutz auf der Welt und zur Schönheit in unseren Wohnzimmern leisten.

5 Kommentare
Alex
20. Februar 2021 at 17:52So ein tolles Interview! Vielen Dank für eure Einblicke. Hat große Freude gemacht, das zu lesen. Viele Grüße!
Katharina
21. Februar 2021 at 12:47Vielen Dank, das freut mich!
Maren
21. Februar 2021 at 12:46So schön, hier immer diese Blumenfrauen kennen zu lernen! Ich möchte selber im nächsten Jahr Schnittblumen anbauen und fühle mich immer ganz inspiriert von diesen Interviews. Vielen Dank Katharina und allen die hier ihre Erfahrungen geteilt haben!!
Maren
Katharina
21. Februar 2021 at 12:47Vielen Dank! Das freut mich ganz doll 🙂
christina
29. Dezember 2021 at 14:56Ja das find ich auch. Ich les sie immer wieder. Jede hat ihre ganz eigene Kraft. Sehr schön. Vielen Dank